Handel im Wandel - wohin geht die Reise?
Diese zentrale Frage beleuchtete Eckhart Fink, Handelsreferent bei der IHK Hochrhein-Bodensee, in seinem Vortrag beim offiziellen Clubabend des Lions Club Radolfzell-Singen am 18.11.2024. Der erfahrene Einzelhandelskenner und gelernte Buchhändler verfügt über knapp 30 Jahre Erfahrung in der Leitung verschiedener Filialen der traditionsreichen Singener Buchhandlung Greuter, die 2022 von der Firma Rupprecht übernommen wurde. Seit 2024 ist Fink bei der IHK für die Handelsentwicklung in den Landkreisen Konstanz, Lörrach und Waldshut verantwortlich
Im Mittelpunkt seines Vortrags standen die Herausforderungen und Chancen, die der boomende Onlinehandel dem Einzelhandel bietet, sowie Strategien, wie sich der stationäre Handel diesem Wettbewerb erfolgreich stellen kann. Dabei bezog Fink auch immer wieder die Perspektive der benachbarten Schweiz mit ein.
„Die Zahlen sprechen eine klare Sprache“, so Fink. „Die Umsätze der Top 1000 Onlineshops in Deutschland stiegen in den zehn Jahren vor der Coronapandemie kontinuierlich an, erfuhren während der Pandemie ein exponentielles Wachstum und stagnieren seitdem auf einem hohen Niveau von rund 80 Milliarden Euro.“ In der Schweiz verlaufe die Entwicklung ähnlich: Der Onlinehandel wuchs parallel zur deutschen Entwicklung und erreichte ein Volumen von etwa 14,5 Milliarden Schweizer Franken. „Es sind vor allem die großen Player, die den Markt dominieren. Amazon ist mit einem Umsatz von etwa 14,7 Milliarden Euro im Jahr 2023 unangefochtener Marktführer in Deutschland. Besonders beeindruckend ist das Wachstum der ‚shop-apotheke.com‘, die 2023 ein Umsatzplus von 15,4 Prozent verzeichnete, begünstigt durch die Einführung der digitalen Gesundheitskarte.“
Trotz der Bedeutung des Onlinehandels profitiert der stationäre Einzelhandel in Grenznähe weiterhin von der Kaufkraft der Schweizer Bevölkerung, die jährlich etwa 2,5 Milliarden Euro in der Region Hochrhein-Bodensee ausgibt. Dennoch zeigt sich laut Fink, dass insbesondere die Städte und Gemeinden im Hinterland, der sogenannten „zweiten Reihe“, zunehmend Schwierigkeiten haben, sich gegen den Onlinehandel zu behaupten und den drohenden Verlust Schweizer Kundschaft zu kompensieren.
„Um auch diese Städte wieder zu beleben, bietet die IHK die vom Land geförderte Innenstadtberatung an, um Innenstädte und den lokalen Handel zu stärken“, erklärte Fink. Weiter gibt es das Aktionsbündnis „Pro Innenstadt“, ein Zusammenschluss von Gemeinden, aktuell im Gebiet Hochrhein und Markgräfler Land, um ebenfalls Impulse für lebendige und vielfältige Innenstädte zu setzen.
Einen spannenden Blick in die Zukunft bot Fink mit einem Konzept des Schweizer Gottlieb Duttweiler Instituts. Unter dem Titel „Wege aus der Spaß- und Sinnkrise“ stellt das Institut die sogenannten „4 Ps“ vor – vier Kernstrategien, wie der Einkauf im stationären Handel für Kunden wieder attraktiver gestaltet werden kann. Diese Ansätze, so Fink, könnten eine Grundlage bieten, um den Einzelhandel in der Region erfolgreich zu transformieren und neue Impulse zu setzen.
Die „4 Ps“ umfassen folgende Kernstrategien:
- Promtness (Schneller): Effizienzsteigerung durch die Minimierung von Zeitfressern und Stress, um den Einkauf reibungsloser zu gestalten.
- Proximity (Näher): Direkter Zugang zu Geschäften, Dienstleistungen, Produkten und persönlichen Begegnungen für ein kundenorientiertes Einkaufserlebnis.
- Pleasure (Schöner): Mehr Spaß und Inspiration durch eine optimierte Nutzererfahrung (User Experience) sowie ein ansprechendes und erlebnisreiches Umfeld.
- Purpose (Sinnvoller): Ein Mehrwert durch soziales und nachhaltiges Engagement, das den Einkauf bedeutungsvoller macht.
Fink betonte, dass der Einzelhandel angesichts des demografischen Wandels, der fortschreitenden Digitalisierung und der veränderten Einkaufsgewohnheiten der Kundschaft vor enormen Herausforderungen stehe. „Der Einzelhandel muss seine Chancen ergreifen. Eine konsequente Umsetzung der 4 Ps könnte einen Weg in eine erfolgreiche Zukunft eröffnen“, fasste Fink abschließend zusammen.
